U nd organisatorischen Strukturen
Die Instilutionalisierung ist fьr jede Wirtschaft, unabhдngig vom System, in dem sie sich entvickelt, eines ihrer wichtigsten Charakteristika. Sie ist Folge des Grades der Arbeitsteilung innerhalb der Gesellschaft, deren Komple-xitдt und der Interaktionsstruktur zwischen den Wirtschaftssubjekten. Die proklamierte Dominanz des staatlichen Eigentums im realsozialistischen Wirt-schaftssystem, hatte auch fьr die Institutionalisierung und Organisierung der Wirtschaft weitreichende Konsequenzen. Ein Hauptmerkmal des realsozialistischen Wirtschaftssystems war, seine alle Wirtschaftsbereiche durchdringende Institutionalisierung, die durch zwei spezifische Erscheinungen geprдgt war: -Eine Allmacht des Staates, die sich aus seiner Parallelitдt als politische Organisation und цkonomische Entscheidungszentrale ergabt Der Staat nahm seine verschiedenen Prдrogative zur Steuerung der Wirtschaft je nach seinen Bedьrfnissen in Anspruch, verдnderte damit fortlaufend die цkonomischen und die sozialen Spielregeln und erzeugte eine permanente Instabilitдt des Systems. -Der Staat lenkte die Wirtschaft statt mit Mдrkten durch Gebote und Verbote. Das Ergebnis war eine, das gesamte wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben durchdringende, Institutionalisierung: -Die цkonomischen Institutionen erfьllten in der historischen Entwicklung des realen Sozialismus eine doppelte Funktion. Wдhrend sie in der Anfangsperiode nur fьr jene Aufgaben, fьr die sie auch geschaffen worden waren, eingesetzt wurden, begannen sie sich mit wachsendem цkonomischen und administrativen Potential immer mehr autonome Funktionen anzueignen. Voraussetzurgen dafьr waren ein Defizit an demokratischer Kontrolle seitens der Bevцlkerung und ein Mangel an Rьckkoppelung fьr die aus der Tдtigkeit dieser Institutionen resultierenden цkonomischen Ergebnisse. Folge war eine Autonomisierung der Interessen der Institutionen, ohne Rьcksichtnahme auf die ihnen untergeordneten Subjekte. -Die Verfolgung autonomer Ziele durch die цkonomischen Institutionen erzeugte eine Eigendynamik, die nur mehr darauf hinauslief, sich selbst zu erhalten. Die Institutionen paЯten sich verдnderten Wirtschaftsbedingungen nicht mehran sondern дnderten nur die Form ihres Wirkens. Ihre Anpassungsprozesse waren im wesentlichen auf die Erhaltung, ja sogar Stдrkung ihrer Hoheitsfunktionen gegenьber den Wirtschaftssubjekten ausgerichtet. Die Institutionen haben auch selbst nie auf ihre administrativen Mittel zur Steuerung der Wirtschaftsprozesse verzichtet. Deshalb sind gerade jene Erfahrungen, die man mit ihnen in den zahlreichen Reformversuchen des realsozialistischen Systems gemacht hat, fьr den gegenwдrtigen TransformationsprozeЯ in Mittel- und Osteuropa von entscheidender Bedeutung. Mit dieser Thematik bat sich Oskar Lange bereits in den 60er Jahren theoretisch auseinandergesetzt: "Durch die Integration der Wirkungsziele aller sozialistischen Untemehmen zu einem gemeinsamen, in einem Plan der gesellschaftlichen Wirtschaft festgelegten Ziel, entsteht eine hierarchische Struktur der Ziele. An der Spitze dieser Strukturbefindet sich das oberste Ziel, d.h. jenes des gesellschaftlichen Wirtschaftsplans, das wir auch als das Ziel erster Ordnung bezeichnen kцnnen. Die Instrumente, die direkt der Verwirklichung dieses Zieles dienen, sind Ziele zweiter Ordnung. Und die Instrumente, die der Verwirklichung der Ziele zweiter Ordnung dienen, sind Ziele dritter Ordnung usw. Die Wirkungsziele der Untemehmen haben verschiedene Stellenwerte in dieser Zielhierarchie. ... Diese hierarchische Zielstruktur ist ein Kennzeichen der sozialistischen Produktionsweise, so wie sich die kapitalistische Produktionsweise durch die Verfolgung von einander unabhдngiger Einzelziele der einzelnen Untemehmen - nдmlich der Gewinnmaximierungsziele - auszeichnet. Die hierarchische Zielstruktur ist ein Ausdruck der Planung in der sozialistischen Wirtschaft, einer Integration der Einzelziele der Unternehmen in ein oberstes Ziel, welches im Plan der sozialistischen Wirtschaft festgelegt wird.
Diese Hierarchisierug war unmittelbar mit der Institutionalisierung und Strukturierung der realsozialistischen Wirtschaft verbunden und hatte eine Unterordnung der niedrigeren unter hцher gestellten Stufen und sich daraus ergebenden gegenseitigen Abhдngigkeiten zwischen den цkonomischen Mechanismen und den Institutionen zur Folge. Aus historischer Sicht stellt sich heute die Frage: Was hat (hatte) auf die Entwicklung der realsozialistischen Wirtschaft einen grцЯeren EinfluЯ: die Institutionen oder die wirtschaftlichen Mechanismen? Ihre Beantwortung hдngt vom gewдhlten Zeithorizont ab: -Kurzfristig beeinflussen in der Regel die Institutionen die Wirtschaft- sentwicklang. Unabhдngig von ihrer Lebensdauer oder Effektivitдt sind durch den Einsatz administrativer Instrumente rascher wirtschaftspo- litische Ergebnisse zu erzielen. Anordnungen wirken ьblicherweise schneller als цkonomische Anreize. -Langfristig ist die Wirkung wirtschaftlicher Mechanismen auf die Wirtschaftsentwicklung grцЯer, jedoch nur dann, wenn die Spielregeln auf Dauer angelegt sind und nicht bei kurzfristigen Konjunkturschwankungen sofort wieder geandert werden. Derartige Bedingungen waren aber in der gesamten Geschichte des realen Sozialismus nie gegeben. Der Staat griff immer wieder mit traditionellen Instrumenten der Wirtschaftslenkung in das System ein. Bei allen ReformmaЯnahmen im Realsozialismus standen Verдnderungen der Institutionen im Vordergrund. Es gab immer wieder Versuche, aus ihnen administrative Dienstleistungsinstitutionen zu machen, die wie selbstдndige Unternehmen agieren sollten. Ihre Hoheitsfьnktionen wurden aber nie angetastet oder hцchstens aufbestimmte Bereiche beschrдnkt. Sie behielten stets die Kompetenzen, die Planziele vorzuschreiben und die Wirtschaft mit Produktionsfaktoren zu versorgen; Vorgaben, die eine Wirtschaft, die nach dem Branchenprinzip und dem Prinzip der hierarchischen Abhдngigkeit organisiert war, auch akzeptieren muЯte. Wir wollen auf die institutionelle Ausgestaltung noch weiter eingehen, da sie nicht nur fьr den staatlichen, sondern auch fьr den genossenschaftlichen Sektor relevant war. Die realsozialistische Wirtschaft war in unmittelbar aus der administrativen Planung des Wirtschaftsablaufs sich ergebenden Wirtschafts-bereichen strukturiert. Durch die imperative Wirtschaftssteuerung war es relativ einfach, zwischen diesen Branchen "natьrliche" Relationen zu schaffen. Diesem Branchensystem hafteten zwei Mдngel an. Einerseits waren die Kosten fьr die Wirtschaftstдtigkeit in diesem System, im Vergleich zu den Marktwirtschaften, um vieles hцher, und andererseits fьhrte diese kьnstliche Zerstьckelung der Volkswirtschaft zu einer immer stдrkeren Desintegration der einzelnen Bereiche.Durch die Verhinderung jeglicher Anpassung der Wirtschaftsbranchen untereinander wurden die Disproportionen innerhalb der Volkswirtschaft immer grцЯer und jeder Versuch, sie innerhalb der Planwirtschaft zu mildem, fьhrte zu noch hцberen Kosten. Durch die hierarchische Abhдngigkeit der Unternehmen im Branchensystem waren sie der jeweils hцheren Stufen derartuntergeordnet, daЯ diese, mit zah-lreichen Hoheitsfьnktionen ausgestattet, ьber die untere Ebene voll und ganz entscheiden konnten. Das unbedingte Festhalten an diesem Prinzip erklдrt auch, warum die Unternehmen, trotz vieler Reformversuche, nie eine grцЯere Selbstдndigkeit erlangten und eine ihnen kurzfristig zugestandene Selbstдndigkei stets wieder entzogen werden muЯte.Diese Institutionalisierung und Organisierung wurde, infolge ihrer inneren Systemlogik, allen Wirtschaftssubjekten, darunter auch dem Genossenschaft-swesen, aufsezwzungen.
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